Auch genießen wir die guten Einkaufsmöglichkeiten, das tolle Essen - dolce vita auf marokkanisch! Und weil wir sowieso nun stationär in Ouarzazate sind, kümmern wir uns gleich noch um den zweiten Patienten, den Bulli. Die Schiebetüre lässt sich ja schon seit 2 Monaten nicht mehr von innen öffnen, und Kamal, der Chef einer nahe gelegenen Werkstatt, ist sich ganz sicher: in maximal einer Stunde ist das Problem behoben - insha Allah... wir bringen also unser Auto zu seiner "Werkstatt", die einfach ein staubiger Hof am Wüstenrand ist. Richtig marokkanisch halt... Abdellatif, der zuständige Monteur, hat die Türe auch schnell zerlegt, kratzt sich aber schon bald am Kopf...
Aus der geplanten Stunde werden vier, die Türe lässt sich nun weder von innen noch von außen öffnen. Da es Nacht wird und Abdellatif nun mit seiner Handylampe weiterarbeiten will (Licht gibt es weit und breit keines), vertagen wir die Operation auf den nächsten Tag und kehren zähneknirschend mit dem verschlimmbesserten Auto auf den Campingplatz zurück. Neuer Tag - neues Glück, am nächsten Tag haben wir mehr Erfolg. Und nach 2 Stunden läuft alles wie geschmiert. Wir einigen uns auf 10 Euro pro Stunde und 15 Euro für Ersatzteile und hoffen, dass die Reparatur nun lange hält!
Nach einer Woche sind die beiden Patienten (Thomas und der Bulli) wohlauf und wir setzen unsere Reise fort. Hier in Ouarzazate beginnt die Straße der Kasbahs, die sich in östlicher Richtung 300 km bis Er Rachidia zieht. Unzählige Kasbahs, diese malerischen Lehmburgen, reihen sich hier aneinander. In Skoura besichtigen wir die Kasbah Amridhil.
Sie ist eine der schönsten und bekanntesten Kasbahs des Landes und war früher sogar auf der Rückseite des 50-Dirham-Scheins abgebildet. Ein Besuch lohnt sich auf jeden Fall. Von oben hat man einen schönen Blick bis zu den schneebedeckten Bergen des Hohen Atlas, und im Innern sind Zimmereinrichtungen und Alltagsgegenstände zu besichtigen.
Von Skoura geht unsere Fahrt weiter Richtung Osten, wo zwei Highlights auf uns warten: die Dades- und die Todhra-Schlucht. In Boumalne lassen wir uns auf 1.600 m nieder und fürchten uns vor der Nacht - wie Campen auf dem Wallberg im Winter - brrrrr...... und wir können es gar nicht glauben, am Morgen zeigt das Thermometer 8 Grad! So warm hatten wir es seit der Atlantikküste vor 6 Wochen nicht mehr! Hier um Boulmane sehen wir auch zum ersten Mal seit vielen vielen Wochen wieder grüne Felder und können uns gar nicht daran satt sehen.
Das Dadestal mit seinen vielen Kasbahs und großartigen Felsformationen wird zu Recht als eines der schönsten Täler von ganz Marokko bezeichnet. Die ersten 30 Kilometer, von Boumalne bis zur engsten Stelle der Schlucht, sind die schönsten. Eine kleine Straße windet sich, immer am Fluss Dades entlang, den Berg hinauf.
Eine spektakuläre Passstraße führt in engen Serpentinen hinauf - die marokkanische Antwort auf den norwegischen Trollstiegen:
Immer wieder geht es in der engen Schlucht direkt am Fluss entlang, bevor sich das Tal oben öffnet.
Wir sind inzwischen über 2.000 m und zum Teil ist die Straße hier schneebedeckt.
Die Fahrt wird immer abenteuerlicher - teilweise auf Schotterpiste, natürlich ohne Leitplanken und immer schön an der Felswand entlang.
Aber das Schlimmste kommt erst noch. Bauarbeiten mitten am Steilhang. Wir überlegen uns, ob wir hier nicht umdrehen, aber Thomas kann dem Nervenkitzel nicht widerstehen.
Über mehrere Kilometer zieht sich die einspurige Piste direkt am Steilhang entlang - keine Leitplanken und nichts für schwache Nerven. Grade für den Beifahrer gruselig, der ständige Blick in den Abgrund.
Die Fahrt hier erinnert an die spektakulären Bilder, die man vom Hindukusch im Kopf hat, vor allem, wenn einem die voll bepackten Busse entgegen kommen. Richtig problematisch wird es, wenn Gegenverkehr kommt. Es gibt keine Ampel und keine Ausweichstellen, und immer wieder gibt es Pechvögel, die die ohnehin schon schlimme Straße auch noch rückwärts bewältigen müssen, wenn ein Auto entgegen kommt.
Wer gute Augen hat, kann auf diesem Suchbild die Autos als kleine Staubkörner entdecken:
Nach 60 km erreichen wir Msemrir, ein kleines wuseliges Bergdorf, und beginnen von hier unsere Rückfahrt. Gerade jetzt, am Nachmittag, leuchten die Affenpfotenfelsen, unglaublich beeindruckende Felsformationen, in herrlichem Rot.
Die Gegend hier ist einfach einzigartig und traumhaft schön, wir sind überwältigt.
Und überwältigt sind wir auch immer wieder von der Größe der Expeditionsfahrzeuge, denen wir auf unserer Reise begegnen. In diesem Truck reist ein Ehepaar mit 2 Kindern! Am selben Abend lesen wir in den Nachrichten, dass in Thailand 63 Schulkinder im Minibus transportiert werden. Verrückte Welt...
Am nächsten Tag besuchen wir die Todhraschlucht, die von Thinghir aus zu erreichen ist. Sie ist weit weniger spektakulär als die Dadesschlucht, aber auch sehr malerisch. Bereits nach 15 km erreichen wir die engste Stelle mit den hohen Steilwänden.
Schon atemberaubend, aber die Schlucht ist ein einziger Souvenirshop. Laden reiht sich an Laden, und man kann nicht aussteigen, ohne dass einem jemand was andrehen will.
Wir wissen nicht: sind es diese lästigen Verkäufer oder einfach die atemberaubenden Eindrücke vom Vortag in der Dadesschlucht, aber hier gefällt es uns deutlich weniger. Wir fahren noch weiter in die Schlucht, lassen die Touristenströme hinter uns und sehen nur noch ein paar einsame Kletterer in den Wänden. Eigentlich wollen wir bis Tamtatouchte, aber die Straße wird schlechter und schlechter... so schlecht, dass der Bulli vorwurfsvoll zu quietschen anfängt (und bis jetzt nicht mehr aufgehört hat). Hoffentlich nicht das nächste Problem...
Von Thinghir aus fahren wir noch den östlichen Teil der Kasbah-Straße bis Er Rachidia, der Provinzhauptstadt und letzten großen Stadt vor der algerischen Grenze. Eine große Universität gibt es hier und so sieht man Hunderte von Radfahrern. Dies fällt uns schon seit längerem auf. Eine erfreuliche Entwicklung, Radwege überall, da merkt man den positiven Einfluss des modernen marokkanischen Königs.
So begeistert sind wir von den vielen Fahrrädern, dass wir glatt ein Stoppschild übersehen und in die Falle tappen. Zum Glück lässt die Polizei hier mit sich "reden", sonst hätte dieser Faux pas ein gewaltiges Loch in unsere Reisekasse gerissen.
Von Er Rachidia fahren wir noch ein Stück weiter nach Osten Richtung Algerien und finden endlich mal wieder einen schönen wilden Stellplatz mitten in der Wüste. Mal schauen, wie lange wir es hier aushalten...
Unsere Route bis jetzt in Marokko (3.300 km) - Gesamt: 6.330 km
1 Kommentar:
Wieder wunderschöne Bilder! Und wie schön, dass es Thomas und Eurem Bulli wieder gut gehen!
Unser Bulli ist gerade in der Werkstatt, nachdem die letzten Monate die Kupplung so nach und nach den Geist aufgegeben hat - erste Alterserscheinungen... Zum Glück ist das ja hier in der Münchener Zivilisation kein größeres Problem ;-)
Weiterhin gute Reise und liebe Grüße
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