Aber Agadir, diese 300-Tage-Sonnenschein-Stadt, scheint nur auf uns gewartet zu haben, um sich so richtig auszuregnen. 24 Stunden Regen, nachts zwei massive Hagelschauer, und überflutete Straßen am nächsten Tag:
Aber so schnell der Regen gekommen ist, so schnell ist er wieder weg, und wir können bei Sonnenschein einen Spaziergang entlang der Corniche machen. Der Strand von Agadir ist einer der schönsten in Marokko, und der Blick fällt immer auf das allgegenwärtige "Allah, el Watan, el Malik" (Gott, die Heimat, der König), das von so vielen Berghängen herunterblickt. Geschrieben mit überdimensionalen Steinen, sollen die Marokkaner daran erinnert werden, dass der Glaube an diese drei Mächte die Grundlage für das Funktionieren des Staates ist.
Agadir ist vor allem ein Touristenzentrum. Modern, denn keines der Gebäude ist vor 1962 erbaut. Ein Erdbeben im Jahre 1960 hat in 15 Sekunden die Stadt vollständig zerstört, und sie wurde ab 1962 komplett neu aufgebaut.
Wir fahren weiter nach Süden und werden immer wieder darauf hingewiesen, wie weit unser Ziel, die Westsahara, noch entfernt liegt:
Immer wieder stehen Arganbäume links und rechts der Straße, knorrige Gewächse, die nur in diesem Teil Marokkos zu finden sind. Ihre Früchte und ihr Öl haben große Heilkraft, was natürlich einen Boom in der Kosmetikindustrie auslöst. Außerdem schmecken die Produkte der Arganfrüchte recht gut, vor allem den Ziegen, die bis in die höchsten Äste und Zweige klettern, um die Nüsse zu essen. Deshalb nennt man die Bäume oft auch einfach "Ziegenbäume".
Oft findet man ganze Herden auf den Bäumen, immer dann, wenn man den Fotoapparat mal nicht parat hat...
Der Regen hat manche Straßen regelrecht unpassierbar gemacht, aber wir hoppeln langsam und gemütlich weiter zu unserem nächsten Ziel, dem Nationalpark Sousse Massa:
Das Naturschutzgebiet an der Flussmündung des Oued Massa ist ein Vogelparadies. Birder's Paradise - aber auch für uns als erklärte Nicht-Ornithologen durchaus interessant. Es gibt hier 275 verschiedene Vogelarten (nein, Stefan, den Schopfkarakara haben wir nicht gesehen), darunter eine Gruppe der vom Aussterben bedrohten Ibisse. Mehrere Parkranger wachen mit Argusaugen (oder Ibisausgen?) streng darüber, dass man die Tiere bloß nicht belästigt. Wir halten uns also mehr am Strand auf - ist sowieso mehr unser Ding:
Der Strand ist hier in großen Teilen richtig sauber, was in Marokko leider nicht immer der Fall ist. Hier gibt es zwar seit 2 Jahren ein Plastiktütenverbot (an das man sich wirklich konsequent hält), aber sonstiger Müll und vor allem Plastikflaschen verschandeln oft die Straßen und Strände.
Am schönen Campingplatz Sidi Wassay Beach verbringen wir schöne Tage. Der Ort ist völlig ausgestorben, eine Geisterstadt, sämtliche Häuser wie eine gespenstische Filmkulisse. Kaum vorstellbar, dass hier im Sommer kein einziges Zimmer mehr zu bekommen ist.
Wir wandern querfeldein, über kilometerlange Dünenstrecken...
Paris - Dakar:
Inzwischen sind wir übrigens im Antiatlas angekommen. Wir besuchen Tiznit, die Silberstadt Marokkos. Nirgendwo sonst findet man so viele Silberschmieden, und jeder zweite Laden verkauft Schmuck und Silberarbeiten.
Was uns jedoch viel besser gefällt, ist die nette Medina, die von einer 4 Kilometer langen, vollständig erhaltenen Stadtmauer mit sechs Stadttoren umschlossen ist.
Nach so vielen Tagen in der Einsamkeit genießen wir es, endlich mal wieder Shoppingluft zu schnuppern, was an der Place Mechouar, diesem lang gezogenen Platz mit seinen kleinen Galerien und Läden richtig Spaß macht.
So schön es hier ist - uns zieht's wieder an die Küste und wir finden zwischen Mirleft und Sidi Ifni den herrlichen Campingplatz Erkounte Park. Eine Nacht wollen wir bleiben, heute ist schon die sechste...einfach zu schön, um weiter zu reisen! Hier können wir auch endlich mal wieder radeln, wenn auch ziemlich holprig, über Stock und Stein und mit vielen Höhenmetern.
Doch die Anstrengung wird belohnt und von oben genießen wir einen traumhaften Blick über die Küste:
Kakteen, so weit das Auge reicht...
Bloß das Radelflickzeug nicht vergessen!!
Aber auch Esel, so weit das Auge reicht :-)
Genauso wichtig wie das Radelflickzeug ist aber auch das Navi, denn die Straßenbeschilderung wird hier immer abenteuerlicher:
Heute ist übrigens Heiligabend. Unglaubliche 24 Grad, und das am 24. Dezember. Hier oben in den Bergen nochmal eine Schippe drauf und bei 29 Grad zieht's uns wieder an die Küste mit ihren kleinen Häfen und malerischen Fischerbooten.
Zur Feier des Tages gibt es ein besonderes Highlight - die Plage de Legzira, ein wunderschöner Strand mit blutroten Felsen, die gigantische Bögen bilden. Das schönste Felsentor ist zwar 2016 zusammengebrochen, aber was noch übrig ist, ist trotzdem unglaublich beeindruckend:
Wo es so herrliche Landschaft gibt, gibt es Touristen, und wo es Touristen gibt, gibt es alles, was ein Tourist so braucht - oder auch nicht... Ein Kamel zum sich rumtragen zu lassen, Maler, die die Schönheit der Bögen auf Leinwand verbannen, Orangenauspresser, die den durstigen Strandwanderer versorgen...aber insgesamt haben sich die kleinen Läden, Fischrestaurants und Cafés (noch) ganz gut in die Landschaft eingefügt.
Am Abend gibt es eine große Weihnachtsfeier am Campingplatz. Das Menü klingt super lecker, aber nach Androhung von Tanz und Gesang ziehen wir doch einen gemütlichen Abend in unserem Bulli vor.
Ihr seht, weit sind wir nicht gekommen seit unserem letzten Blogeintrag. Zu schön ist das Wetter an der Küste, zu warm die Nächte, zu schöne Sonnenuntergänge über dem Meer, und vor allem immer wieder Bekanntschaften mit lieben Menschen, die von Reisegefährten zu Freunden werden, wie zum Beispiel Margot und Michael, die mit einem kleinen Zelt unterwegs sind, was in der Wüste der Mega-Wohnmobile immer mehr zur Seltenheit wird.
Unsere Route bis jetzt in Marokko (1.340 km) - Gesamt: 4.365 km