Freitag, 21. Februar 2020

09 Erg Chebbi nach Marrakesch (13.-21.02.2020)

Nach dem Erg Chebbi ist bei uns ein bisschen die Luft raus. Jetzt heißt es nur noch langsam Richtung Fähre. Über den Hohen Atlas gibt es 5 Pässe, von denen keiner so richtig Lust auf's Überqueren macht - zu viele Baustellen, zu viele Schlaglöcher etc. Wir entscheiden uns deshalb, am Südrand des Hohen Atlas nochmal bis ans Meer nach Agadir zu fahren, und von dort nach Norden Richtung Tanger. Was den großen Charme hat, dass wir nochmal bei Corinne und Said in Agdz vorbeikommen. Der Empfang ist mehr als herzlich, es fühlt sich an wie nach Hause kommen.

Wir bleiben zwei Tage hier und wie letztes Mal sind wir sicher, es gibt ein Wiedersehen. A la prochaine, chers amis! 
Die Fahrt ist wirklich schön, wobei aber die "Ah's" und die "Oh's" immer weniger werden. Zu viel Schönes haben wir in den letzten Monaten gesehen, irgendwie wiederholt sich alles ein bisschen. In Taliouine, dem Zentrum des Safrans, legen wir noch einen Zwischenstopp ein, bevor es weiter geht Richtung Taroudannt. Kurz bevor wir Taroudannt erreichen, zweigt die Straße nach rechts ab zum Tizi 'n' Test, diesem spektakulärsten aller Pässe über den Hohen Atlas, um den sich so viele abenteuerliche Geschichten ranken. Nur mal kurz abzweigen, bis zur ersten Kehre...

Die Straße ist erstaunlich gut, wir erklimmen Kehre um Kehre, und schon bald lassen wir die letzten Palmen hinter uns. Taroudannt, Agadir und der Atlantik sind längst vergessen, auch die vielen Horrorgeschichten... Der Pass sei nur was für Abenteurer und Schwindelfreie, seine Überquerung dauere 6 Stunden, keine Tankstellen, nichts für schwache Nerven oder sensible Mägen...
Wobei.... wenn man die Kehren so hinaufschaut...

Die erste Baustelle lässt auch nicht auf sich warten - die Straße wird einspurig, holprig und ausgefranst, und daran ändert sich auch über die nächsten 80 Kilometer nichts:

Aber fantastische Abschnitte mit spektakulären Blicken in die Tiefe entschäden für jeden holprigen Meter.

Schneller als gedacht haben wir die Passhöhe erreicht und können aufatmen - ab jetzt geht's nur noch bergab...

Von wegen aufatmen - es gibt ein verdächtiges "Bing" - der Tank ist leer - wir fahren mit den letzten Reservelitern! Ja stimmt - vor lauter Euphorie hatten wir ganz vergessen, dass wir in Taroudannt tanken wollten! Auf der Strecke gibt es eine Tankstelle, aber die ist noch 80 Kilometer entfernt. Also doch noch Nervenkitzel! Trotzdem auch hier auf der Nordseite Richtung Marrakesch wieder herrliche Blicke...

Im Hintergrund immer das Toubkal-Massiv, das höchste Gebirgsmassiv Nordafrikas mit sieben 4000ern und mehreren "Beinahe-4000ern".


Mit dem letzten Tropfen Diesel erreichen wir die Tankstelle in einem kleinen Bergsteigerdorf und nach 5 Stunden Fahrt für 100 Kilometer schließlich Marrakesch, unser Ziel für heute. Die Fahrt war wunderschön und man sollte sich wirklich nicht von den vielen Schauergeschichten abhalten lassen. Es lohnt sich auf jeden Fall!
10 Kilometer südlich von Marrakesch lassen wir uns auf dem Ourika-Campingplatz nieder, ein Platz fast wie in Europa mit viel Grün und sogar einem sauberen Pool - bei 30 Grad Nachmittagstemperatur verlockend!

Am nächsten Tag dann erst mal Ausspannen, Einkaufen beim Carrefour... Den Besuch von Marrakesch nehmen wir uns für den übernächsten Tag vor. Man kann zwar von hier mit dem Taxi oder Bus in die Stadt fahren, aber wir versuchen es mal mit dem Bulli. Schon von weitem kann man das Minarett der Koutoubia-Moschee sehen, 70 m hoch und das Wahrzeichen von Marrakesch.

Auch unser erster Anlaufpunkt, denn direkt hinter der Koutoubia-Moschee gibt es einen bewachten Parkplatz für nur 1 Euro, wo man sicher und fußläufig zum Hauptplatz parken kann.

Wir waren vor 17 Jahren schon in Marrakesch und unsere Sentimentalität führt uns gleich zu unserem Hotel von damals. Das Hotel Ali, direkt am Djemaa el Fna gelegen, ist so etwas wie die zentrale Anlaufstelle für Bergführer, Bergsteiger und Traveller, und in den 17 Jahren hat sich rein gar nichts geändert.

Von der Dachterrasse, wo wir damals schöne Abende verbracht haben, hat man noch immer einen schönen Blick auf den berühmten Platz, der um diese Uhrzeit noch wie verlassen da liegt:

Die bunten Souks von Marrakesch sind eine wahre Augenweide. Rein gar nichts scheint sich hier in all den Jahren verändert zu haben. Lediglich die Händler mit ihrem ständigen "nur kucken - nichts kaufen" sind noch einen Tick lästiger geworden.

Aber wer hier entspannt einkaufen will, ist hier sowie nicht richtig. Im Sekundentakt springt man links und rechts in die Läden, da ein wild gewordener Mopedfahrer oder ein Pferdefuhrwerk mitten durch den Souk brettert...


Ein geschäftstüchtiger Selfiestick-Verkäufer will uns unbedingt einen Stick andrehen. Aber viele verzweifelte Versuche seinerseits, die am Ende dieses nicht ganz perfekte Bild ergeben,  überzeugen uns schließlich davon: wir werden bei unseren Selfies weiterhin auf den langen Arm von Thomas vertrauen.


Viele Sehenswürdigkeiten Marrakesch's kennen wir bereits, so schlendern wir einfach gemütlich durch das Mellah-Viertel, das ehemalige Judenviertel, wo es viel entspannter zugeht. Hier, am Königspalast, kann man endlich mal durchschnaufen.


Es gibt hier wunderschöne Gewürzläden...


... und immer wieder weht uns der Duft von reifen Erdbeeren um die Nase, die gerade Hochsaison haben:


Es ist inzwischen später Nachmittag, Zeit, um auf den Djemaa el Fna zurückzukehren...


Hier, auf dem "Platz der Geköpften", beginnt das Leben erst am Spätnachmittag, wenn Feuerschlucker, Akrobaten, Gnaoua-Musiker, Wahrsager, Schlangenbeschwörer, Geschichtenerzähler, Wasserverkäufer und Zahnzieher unter der lauten Geräuschkulisse von Blechkastagnetten und Trommeln zum Leben erwachen.


Am Schönsten ist es, dieses Spektakel von einer der Dachterrassen der umliegenden Cafés zu beobachten und einzutauchen in diese magische Welt von 1001 Nacht...


Wir werden noch ein paar Tage in Marrakesch bleiben und dann hoffentlich noch Gelegenheit zu einem nächtlichen Besuch des Djema el Fnaa haben.

Unsere Route bis jetzt in Marokko (4.280 km) - Gesamt: 7.310 km






Donnerstag, 13. Februar 2020

08 Er Rachidia zum Erg Chebbi (05.-12.02.2020)

An unserem Platz östlich von Er Rachidia in der Wüste bleiben wir drei Tage. Standardprogramm ist angesagt: Aufräumen, Putzen, Blog schreiben, Abhängen und natürlich lange Spaziergänge. Immer wieder sind wir erstaunt, dass es in dieser trockenen Umgebung sogar blühende Pflanzen gibt. Ist das nicht ein Edelweiß? Etwa eine Fata Morgana?

Auf unserer Weiterfahrt Richtung Süden geht es nun ins Tafilalet, ein ca. 1.400 km² Oasengebiet, das sich durch die beiden Flüsse Ziz und Rheris speist. Die größte zusammenhängende Oase Marokkos und eine der größten Oasen Nordafrikas. An den südlichen Ausläufern des Ziz liegt beim kleinen Örtchen Meski seine Quelle, die Source Bleue:

Ein gigantisches Natursteinbecken inmitten eines Palmenhains! Das Wasser erneuert sich andauernd selbst und bleibt somit immer frisch...

Im Sommer zieht es Scharen von Marokkanern hierher, nur zum Abfrischen allerdings. Fischen ist hier streng verboten, denn die Fische, die hier schwimmen, gelten als heilig und dürfen nicht gegessen werden.

Wir fahren weiter Richtung Süden nach Erfoud und genießen immer wieder tiefe Blicke in die sich malerisch dahin schlängelnde Oase:

In Rissani, einem größeren Versorgungsort mit einem herrlichen Markt, decken wir uns für die nächsten Tage ein, denn in der großen Sandwüste werden wir sicher länger verweilen.

Am 6. Februar erreichen wir endlich den Erg Chebbi ("erg" = Sandwüste), das Highlight eines jeden Marokko-Reisenden. 

Der Erg Chebbi ist das größte und höchste zusammenhängende Dünengebiet Marokkos. Sanddünen, zum Teil über 200 m hoch und Berge aus Sand, so weit das Auge reicht.

Voller Begeisterung klettern wir gleich auf die nächstbeste Düne und lassen unseren Blick über die unendliche Sandwüste schweifen. Und was sehen wir? Schon wieder eine Fata Morgana? Das ist doch das Bimobil von Iris und Wolfram, die wir auf den Tag genau vor 5 Jahren im entlegendsten Winkel von Chiapas (Mexiko) kennen gelernt haben! Entsprechend groß ist die Wiedersehensfreude und wir freuen uns schon riesig auf unser nächstes Treffen in den nächsten Tagen in Marokko, oder spätestens in Spanien.

Es ist jetzt später Nachmittag, und die ersten Kamelkarawanen ziehen Richtung Wüste los...

Der Hauptort Merzouga ist ein sehr wuseliger Ort. Ein Hotel reiht sich an das andere, Quads sausen durch die Dünen, Geländewagen überall, sogar ein paar verrückte Sandskifahrer haben sich hierher verirrt. Wir fahren einfach noch ein Stückcken weiter nach Süden und finden hier einen herrrlichen Stellplatz direkt zwischen den Sanddünen:

Der Blick aus unserem Schlafzimmerfenster:

Und da gerade jetzt Vollmond ist, wirkt das Ganze noch viel romantischer...

Nicht nur Sanddünen gibt es hier. Ganz in der Nähe unseres Stellplatzes finden wir einen großen ausgetrockneten Salzsee. Der marokkanische Salar de Uyuni?

Wir erklimmen die höchsten Sanddünen und - obwohl wir aus unseren langen Jahren im Mittleren Osten die größten Sandmeere kennen - sind wir immer wieder sprachlos, wie schön es hier ist. Hier nur ein paar Impressionen:

Von hier oben kann man bis nach Algerien sehen!!

Der Aufstieg ist sehr mühsam - ein Schritt vor, zwei zurück...

... das Herunterrutschen umso lustiger. Macht viel Spaß - fast wie eine Skitour...

Es ist (noch) total ruhig, wir scheinen ganz alleine in der Wüste zu sein. Erst ab 16:00 h machen sich die Wanderer, Geländewagen, Buggys und Kamelkarawanen auf. Sie wollen den Sonnenuntergang genießen oder gleich die Nacht in den Wüstencamps verbringen...

Der Erg Chebbi ist für uns ganz eindeutig das Highlight bis jetzt und wir können uns nur ganz schwer von hier verabschieden. Aber langsam geht auch für uns die Zeit in Marokko zu Ende und nach einer letzten Vollmondnacht ziehen wir weiter - diesmal Richtung Westen, entlang der östlichen Wüstenstraße...


Unsere Route bis jetzt in Marokko (3.640 km) - Gesamt: 6.670 km